Inkontinenz ist ein weit verbreitetes Problem. Besonders häufig ist die Harninkontinenz, der unfreiwillige Verlust von Urin. In Deutschland leiden etwa sechs bis acht Millionen Menschen darunter. Frauen sind besonders häufig betroffen. Doch Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz. Erfahren Sie hier mehr über die verschiedenen Inkontinenz-Formen und die jeweils typischen Symptome.
Wichtig:
Inkontinenz ist meist heilbar. Wird frühzeitig eine geeignete Behandlung eingeleitet, stehen die Chancen gut, die Beschwerden in den Griff zu bekommen. Suchen Sie daher bei ersten Anzeichen für Inkontinenz einen Arzt Ihres Vertrauens auf und sprechen Sie das Thema offen an.
Was ist Inkontinenz?
Mit dem Begriff „Inkontinenz“ wird der unkontrollierte Abgang von Stuhl oder Urin bezeichnet. Dementsprechend werden die Harninkontinenz (auch: Urininkontinenz) und die Stuhlinkontinenz unterschieden. Hinweis: Auf diesem Portal wird ausschließlich die Harninkontinenz behandelt.
Inkontinenz: Formen
Auch wenn der unfreiwillige Harnverlust alle Formen der Inkontinenz kennzeichnet, so gilt: Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz. Die verschiedenen Formen zeigen sich durch eine charakteristische Symptomatik und sind auf unterschiedliche körperliche Störungen und Ursachen zurückzufuhren.
Die häufigsten Formen der Harninkontinenz sind:
Belastungsinkontinenz (= Stressinkontinenz)
Dranginkontinenz und überaktive Blase ("Reizblase")
Mischinkontinenz
Gut zu wissen: Bei fast 90 Prozent der Betroffenen liegt eine behandlungsbedürftige Belastungsinkontinenz vor.
Überblick: Inkontinenz-Formen und Symptome
Je nachdem, welche Form der Blasenschwäche vorliegt, können z. B. folgende Symptome auftreten:
Harnverlust bei körperlicher Anstrengung bzw. beim Niesen, Husten, Lachen oder bei körperlicher Anstrengung
Plötzlicher und nicht unterdrückbarer Harndrang
Erhöhte Frequenz der Blasenentleerungen und vermehrtes nächtliches Wasserlassen
Ständiges Harnträufeln
Inkontinenz-Formen
Inkontinenz-Symptome
Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz)
Unkontrollierter Harnverlust bei körperlicher Anstrengung (z. B. Sport) bzw. beim Niesen oder Husten.
Dranginkontinenz (mit überaktiver Blase)
Plötzlicher, starker Harndrang führt zu unkontrolliertem Harnverlust. Bei überaktiver Blase zusätzlich: Vermehrte Blasenentleerungen, nächtliches Wasserlassen.
Mischinkontinenz
Symptome der Belastungs- und Dranginkontinenz treten gemeinsam auf
Darüber hinaus existieren seltenere Inkontinenz-Formen wie die Überlaufinkontinenz, bei der die Abflusswege „blockiert“ sind (z. B. durch eine vergrößerte Prostata beim Mann), sodass die Blase ständig überfüllt ist und andauernd Harn abgeht. Bei der sogenannten Reflexinkontinenz liegt eine Störung der Nervenbahnen zwischen Gehirn, Rückenmark und Blase zugrunde (z. B. bei Querschnittslähmung) – die Blase entleert sich reflexartig von selbst.
Inkontinenz bei Frauen
Frauen sind aus anatomischen Gründen überdurchschnittlich häufig von einer Harninkontinenz betroffen. Vor allem in und nach den Wechseljahren wird das unkontrollierte Wasserlassen für viele zum Problem. Aber auch junge Frauen leiden nach einer Schwangerschaft und der Geburt oftmals an einer Blasenschwäche. Die mit Abstand häufigste Form der Blasenschwäche bei Frauen ist die Belastungsinkontinenz: Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet unter dieser Form. Ein weiteres Drittel ist von der Mischkontinenz betroffen und nur bei etwa einem Sechstel liegt eine reine Dranginkontinenz vor.1
Fest steht: Die Ursache der Blasenschwäche bei Frauen liegt häufig in einer schwachen Beckenbodenmuskulatur. Tatsächlich sind sich viele Frauen ihrer Beckenbodenmuskulatur nicht bewusst und können sie daher auch nicht willkürlich anspannen. Gleichzeitig ist aber eine starke und richtig eingesetzte Beckenbodenmuskulatur der Schlüssel, um ungewolltes Austreten von Harn zu vermeiden. Wer hier gezielt gegensteuern will, kann mithilfe einer speziellen Trainingshilfe zum Einführen in die Vagina (vergleichbar mit einem Tampon) die Wahrnehmung des Beckenbodens verbessern und lernen, die Kontraktionen richtig durchzuführen. Mittels eines nach außen sichtbaren Indikators wird auf einen Blick ersichtlich, ob und wie stark der Beckenboden angespannt wird. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, ob eine solche Trainingshilfe auch in Ihrem individuellen Fall von Vorteil sein kann.
Inkontinenz bei Männern
Bei Männern tritt Inkontinenz häufig infolge von bestimmten Erkrankungen (z. B. Schlaganfall, Diabetes mellitus) oder nach Operationen im Beckenbereich auf. Inkontinenz nach Prostata-OP – das ist ein typisches "Männerthema". Denn bei dem medizinisch notwendigen Eingriff können Funktionsstörungen des Beckenbodens bzw. des Blasenschließmuskels verursacht werden.
Inkontinenz bei Kindern
Auch Kinder können von Inkontinenz betroffen sein. Das sogenannte "Bettnässen" tritt meist bei Kleinkindern auf, die ihre Blase noch nicht vollständig kontrollieren können. Allerdings kann Bettnässen auch seelische oder körperliche Ursachen haben, sodass im Zweifel ein Arztbesuch ratsam ist.
Folgen der Inkontinenz
Die beträchtlichen Einschränkungen der Lebensqualität sind nicht zu unterschätzen. Den Betroffenen machen oft Schamgefühle zu schaffen – sie ziehen sich häufig aus dem sozialen Leben zurück, verzichten auf Freizeitaktivitäten wie Sport oder Kinobesuche, vermeiden längere Autofahrten und auch das Selbstvertrauen leidet. Typischerweise entwickeln Betroffene aus Angst vor einem unkontrollierten Urinverlust auch ungünstige Bewältigungsstrategien und reduzieren z. B. die Trinkmenge.
Tipps bei Inkontinenz
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Bei den ersten Anzeichen: Zum Arzt
Etwa sechs bis acht Millionen Bundesbürger leiden an Inkontinenz. Dennoch ist Blasenschwäche bis heute ein Tabuthema. Aus Scham vermeiden Betroffene es, mit ihrem Arzt über ihre Beschwerden zu sprechen und behelfen sich mit Vorlagen und anderen Hilfsmitteln. Was viele nicht wissen: Inkontinenz ist fast immer heilbar − wenn die geeignete Therapie frühzeitig eingeleitet wird. Daher gilt: Wenden Sie sich schon bei den ersten Anzeichen an Ihren Hausarzt. Frauen sollten einen Termin bei ihrem Gynäkologen vereinbaren. Viele Frauenärzte besitzen eine Spezialisierung im Bereich der gynäkologischen Urologie.
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Beckenbodengymnastik
Oftmals ist ein schwacher Beckenboden die Ursache für Inkontinenz. Die Beckenbodenmuskeln umschließen die Harnröhre – zusammen mit dem Schließmuskel kontrollieren sie so den Blasenausgang. Sind diese Muskeln zu schlaff, kann es zu unkontrolliertem Harnabgang kommen. Regelmäßige Bewegung (z. B. Radfahren, Schwimmen oder Walken) ist eine wichtige Basismaßnahme für einen starken Beckenboden. Darüber hinaus sollten jedoch auch spezielle Übungen für den Beckenboden in den Alltag integriert werden – sie helfen dabei, die Muskulatur gezielt zu kräftigen. Wichtig ist dabei, die Übungen korrekt und regelmäßig (möglichst täglich) durchzuführen und konsequent dranzubleiben. Extra-Tipp: Eine spezielle Trainingshilfe zum Einführen in die Vagina (vergleichbar mit einem Tampon) kann für Frauen als begleitende Maßnahme sinnvoll sein, um die Wahrnehmung des Beckenbodens zu verbessern und die Muskulatur gezielt bzw. richtig zu trainieren. So zeigt ein nach außen sichtbarer Indikator auf einen Blick an, ob und wie stark die Kontraktion ausgeführt wird. Eine einfache visuelle Rückmeldung, die für viele Betroffene eine echte Hilfe ist.
Ein Miktionsprotokoll, auch Blasen-Tagebuch genannt, kann dabei helfen, die Entleerungsgewohnheiten sowie die Form und das Ausmaß der Inkontinenz zu überprüfen. So funktioniert's: Notieren Sie über zwei bis drei Tage hinweg Ihre Getränke (Uhrzeit, Trinkmenge und Art des Getränks) und die Toilettengänge (Uhrzeit und Urinmenge). Dokumentieren Sie auch, ob und wann Sie unfreiwillig Urin verlieren bzw. ob ein plötzlicher und kaum kontrollierbarer Harndrang auftritt. Diese Aufzeichnungen liefern Ihrem Arzt wertvolle Informationen, die für die Abklärung der Beschwerden von Bedeutung sind.
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Blasen-Training
Bei Dranginkontinenz kann ein Blasen-Training hilfreich sein, um falsche Entleerungsgewohnheiten wie z. B. zu häufige oder vorsorgliche Toilettengänge in den Griff zu bekommen. Im Rahmen dieser verhaltenstherapeutischen Maßnahme soll der Betroffene z. B. nur zu bestimmten Zeiten zur Toilette gehen und mit der Zeit die Intervalle zwischen den Toilettengängen auf drei bis vier Stunden erhöhen. Das Ziel ist es, die Kontrolle über die Blase zu verbessern und bei einer überaktiven Blase das Zurückhalten von Urin einzuüben. Ihr behandelnder Arzt kann Ihnen weitergehende Informationen dazu geben.
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Reinigung & Pflege der Haut
Inkontinenz ist oftmals mit Entzündungen der Haut im Intimbereich verbunden. Experten bezeichnen derartige Hautveränderungen als "inkontinenzassoziierte Dermatitis". Die Ursache liegt in der dauerhaften Befeuchtung: Sie führt dazu, dass die oberste Hautschicht aufquillt und so die natürliche Barrierefunktion beeinträchtigt wird. In der Folge besteht kein optimaler Schutz mehr gegen schädliche Einflüsse wie z. B. Feuchtigkeit und aggressive Substanzen – die Haut reagiert schnell "gereizt". Um das zu vermeiden, spielt die richtige Reinigung und Pflege eine zentrale Rolle. Statt aggressiver Seifen sollten pH-neutrale Waschlotionen verwendet werden, die auch für empfindliche Haut geeignet sind und keine Duftstoffe etc. enthalten. Nach dem Waschen ist Eincremen wichtig. Je nach Hauttyp ist eine rückfettende und feuchtigkeitsspendende Creme oder auch ein Wasser-in-Öl-Präparat empfehlenswert. Bei der Verwendung von Vorlagen sollten Sie auf hautfreundliche Produkte und eine gute Passform achten, um Hautreizungen zu vermeiden.
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Geeignete Kleidung
Egal ob schicker Anzug oder modernes Freizeit-Outfit − wenn die Blase drückt und es schnell gehen muss, stören Gürtel und komplizierte Knopfleisten. Die bessere Wahl sind hier Hosen oder Röcke mit Gummizug oder einem einfachen Reißverschluss. Grundsätzlich sollten Sie auf bequeme Kleidung achten, die nicht zu eng sitzt.
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Trinkmenge nicht reduzieren
Aus Angst vor unkontrolliertem Harnverlust neigen viele Betroffene dazu, die Trinkmenge zu reduzieren. Dabei ist eine gute Flüssigkeitsversorgung für den ganzen Körper wichtig – auch für die Blasenfunktion. Wer nicht ausreichend Flüssigkeit aufnimmt, riskiert außerdem Schwindel und Konzentrationsprobleme. Allein über Getränke sollten Erwachsene täglich rund 1,5 Liter aufnehmen – über die Nahrung (z. B. Obst, Gemüse, Suppen) sollten je nach Altersgruppe weitere 700 bis 900 Milliliter dazukommen.
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Übergewicht abbauen
Überflüssige Pfunde belasten nicht nur Gelenke, Stoffwechsel und Psyche, sondern auch den Beckenboden – auf diese Weise kann die Entwicklung einer Belastungsinkontinenz begünstigt werden. Mit einem regelmäßigen Bewegungsprogramm und einer nachhaltigen Ernährungsumstellung purzeln die Pfunde. Wichtig: Radikaldiäten sind kontraproduktiv – denn allzu schnell stellt sich der gefürchtete Jojo-Effekt ein. Ein qualifizierter Ernährungsberater kann bei der Umstellung der Ernährung eine wichtige Hilfestellung sein.
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